Lektion 3: Gleit- und Umgreiftechniken
Eigentlich wurde schon viel zu diesem Thema in den vorhergehenden Kapiteln gesagt. Doch das Thema ist so wichtig, daß ich hier nochmals gesondert darauf eingehen will. Mit den Fingern auf den Saiten zu gleiten ist auf der Ukulele mit rückläufiger Stimmung “straffrei”, da die Saiten nicht-umwickelt sind — es gibt keine häßlichen Quietschgeräusche. Dies ist der “Fahrstuhl” zu den hohen Bünden, und mit ein wenig Übung kann man so schnelle, weite Sprünge ausführen und dabei stets problemlos und genau treffen.
19. Stille Nacht
Dieses Arrangement ist ein sehr schönes Beispiel für Gleit-Technik. Im 1. und 2. Takt wird nur auf leeren Saiten gespielt, man hat also viel Zeit, um die linke Hand für den Griff in der 5. Lage bei Takt 3 vorzubereiten. Hier wird dann eine offene Umkehrung des G7-Akkordes gespielt, um danach mit allen drei Fingern gleichzeitig zu einem normalen G-Akkord hinabzugleiten. Hierbei gleitet der Ringfinger um einen Bund weiter als die anderen Finger, was jedoch erstaunlich einfach zu bewerkstelligen ist.
Für dieses Arrangement gibt es ein Tutorial-Video.
Offene Umkehrungen
- Eine Umkehrung eines Akkordes ist eine “Variante” dieses Akkordes, bei der ein oder mehrere Töne oktaviert wurden, d.h. sie werden eine Oktave höher gespielt als es normalerweise der Fall wäre.
- Man nennt einen Griff “offen”, wenn mindestens eine der gespielten Saiten nicht gegriffen wird, also frei in ihrer ganzen Länge schwingt.
- Eine “offene Umkehrung” ist somit ein offener Griff, mit dem eine Umkehrung eines “normalen” Akkordgriffes gespielt wird.
Solche offenen Umkehrungen sind ein wichtiges Element für selbstbegleitende Ukulelen-Arrangements. Für viele der Grundakkorde gibt es offene Umkehrungen, die mit Gleit-Techniken schnell erreicht werden können.
(Im Gegensatz zur “offenen” Umkehrung kann man auch mit Barré-Technik spielen, wie es vielleicht manch einer von der Gitarre her gewohnt ist. Das funktioniert auch mit der Ukulele gut. Ich bevorzuge jedoch, wenn möglich, die offenen Umkehrungen. Diese sind für das enge Griffbrett und den klanglichen Charakter der Ukulele oft vorteilhafter als Barré-Griffe.)
20. Bunessan
Im 3. Takt wird mit dem Zeigefinger ein C-Akkord gegriffen. Zum 4. Takt gleitet man mit dem Zeigefinger hinauf in eine offene Umkehrung des G-Akkordes. Zum 5. Takt gleitet man dann mit dem Ringfinger vier Bünde hinab und setzt den Zeige- und Mittelfinger um, so daß man zu einem normalen G-Akkord kommt.
21. St. James Infirmary
Im Takt 1 greift man zuerst einen etwas unüblicheren Em-Griff mit nur 2 Fingern (Zeigefinger und Ringfinger). Dieser Griff ist sehr nützlich, da er viele Umgriffmöglichkeiten erlaubt. Direkt nach dem Spielen des Em-Akkords greift der Ringfinger um auf die 4. Saite, um den Ton h’ zu spielen. Das ist die optimale Voraussetzung, um für den nachfolgenden B7-Griff den Mittel- und Zeigefinger setzen zu können.
Für den nachfolgenden Em-Griff gleitet lediglich der Mittelfinger auf der 3. Saite um einen Bund nach oben, während die anderen Finger abgehoben werden.
Im Takt 3 gleitet man mit 3 Fingern gleichzeitig vom Em-Akkord zu einer offenen Umkehrung des A7-Akkords, und im nächsten Takt wieder zurück.
Dies ist ein eher langsames Stück, dem man mit zusätzlicher Strumming-Technik etwas mehr Rhytmik verleihen kann. Viele meiner Arrangements sind relativ “geradlinig”, und können als Grundlage für solche zusätzlichen Spielarten genutzt werden. Oft ist es auch kein Problem, mehr einzelne Zwischentöne einzufügen, um sich entsprechenden Fingerpicking-Stilarten anzunähern.
In diesem Video füge ich dem Arrangement eine rhytmische Komponente hinzu:
22. Zogen einst fünf wilde Schwäne
Im 2. Teil dieses Arrangements benutzen wir den “Aufzug zu den hohen Bünden” kompromisslos.
Im Takt 7 greifen wir den G7-Akkord nicht mit den Fingern 1-3, sondern mit den Fingern 2-4 (also Mittel- Ring- und kleinem Finger). So können wir dann mit dem Mittel- und Ringfinger gleichzeitig um 9 Bünde hochgleiten, um zu einer sehr hohen offenen Umkehrung des G7 zu gelangen.
Zum nächsten Takt gleiten wir auf den Fingern 1 und 2 zu einer offenen Umkehrung des C-Akkordes, wobei der 2. Finger um einen Bund weiter gleiten muß als der 1. Finger.
Um bequem zum Griff in Takt 7 zu gelangen (wieder eine offene G7-Umkehrung), greifen wir in die Trickkiste: Der Ringfinger wird direkt hinter dem Mittelfinger auf die 2. Saite aufgesetzt, so daß wir nun sofort auf dem Ringfinger 2 Bünde hinabgleiten können, während der 1. und 2. Finger umgesetzt werden.
Diese Technik, vorbereitend Finger aufzusetzen, wo eigentlich gar kein Ton gespielt werden soll, kann viele Umgriffe sehr vereinfachen, und ist häufiger anwendbar, als man denken sollte. Versuche stets darauf zu achten, ob dies möglich ist.