Lektion 2: Campanella-Technik
Die Campanella-Technik reicht bis in die Renaissance zurück. Damals gab es einige Instrumente, die der Ukulele sehr ähnlich waren, und ebenfalls rückläufige Stimmungen verwendeten. Tatsächlich wurde die 4-chörige Renaissance-Gitarre unter anderem auch mit einer GCEA-Stimmung gespielt. So kommt es, daß einige der alten Renaissance-Tabulaturen direkt und ohne jede Umstellung mit der Ukulele gespielt werden können.
Rückläufige Stimmungen machen es einfacher, das Prinzip der Campanella-Technik unzusetzen: Wenn möglich, werden aufeinanderfolgende Töne auf unterschiedlichen Saiten gespielt. Mit der Ukulele funktioniert dies recht gut, aber auch andere Instrumente mit rückläufigen Stimmungen (z.B. Charango) sind für diese Technik geeignet.
Mithilfe der Campanella-Technik kann der Ukulele eine erstaunliche Klangfülle entlockt werden, die man dem kleinen Instrument kaum zutrauen würde. Durch die Überlagerung der nachklingenden Töne bauen sich Harmonien auf, so daß schon das Spiel einer einfachen Melodie zum Klangerlebnis wird. Aus diesem Grund ist es möglich, einigermaßen einfach spielbare, gutklingende Arrangements in Campanella-Technik zu machen, die auch für Einsteiger zu bewältigen sind. Die Griffe sind meistens eher weit als eng und nicht zu anstrengend, dennoch ist es eine gewisse Herausforderung für die linke und rechte Hand, denn hier muß man lernen, die Saiten und Bünde zu treffen.
Meine Herangehensweise für die Campanella-Technik ist, besonders darauf zu achten, welche Töne nachklingen. Ich verfolge darum nicht stur den Ansatz, daß grundsätzlich alle aufeinanderfolgenden Töne auf unterschiedlichen Saiten erklingen müssen. Vielmehr achte ich darauf, daß die Spielbarkeit nicht zu sehr leidet, und daß die nachklingenden Saiten ein gutes Klangbild ergeben.
Ein Meister der Campanella-Technik auf der Ukulele war John King.
11. Menuett von Johann Krieger
Dieses wunderschöne Menuett habe ich leicht angepasst, so daß es sich bequem mit der Ukulele in Campanella-Technik spielen lässt. Achte darauf, daß die Finger der linken Hand lange auf den Saiten liegen bleiben, so daß die Töne ineinander klingen können. In den Takten 6-8 sowie 10-11 kann der 2. Finger auf der C-Saite liegenbleiben und hoch- oder hinuntergleiten. Achte auf den Fingersatz im 14. und 15. Takt, und versuche beim Greifen einer Saite keine anderen Saiten zu berühren, so daß sie frei schwingen können.
Die Markierung “D.C. al Fine” bedeutet, daß man am das Stück nochmals vom Anfang bis zur Markierung “Fine” spielen soll.
12. Hejo, spann’ den Wagen an
Hier geht es um sich wiederholende Töne. Man hat da zwei Möglichkeiten:
- Man spielt denselben Ton mehrmals hintereinander auf derselben Saite
- Man spielt denselben Ton abwechselnd auf verschiedenen Saiten
Beides kann sinnvoll sein. In diesem Stück spielen wir den sich wiederholenden Ton G zuerst nur auf der G-Saite — und zwar mit Wechselschlag (Zeige- und Mittelfinger). Den Zeigefinger der linken Hand lassen wir derweil auf der E-Saite liegen, so daß der Ton f’ ausklingen kann. Das d’ lassen wir dann ebenfalls ausklingen, indem wir auch den Mittelfinger der linken Hand liegen lassen.
Im Takt vier lassen wir diese Finger immer noch liegen, so daß wir insgesamt auf 3 Saiten einen B-Akkord greifen!
Beim Übergang zu Takt 5 gleiten wir mit dem 3. Finger hoch in den 7. Bund. Nun spielen wir den Ton d” immer abwechselnd auf 2 Saiten, was ihn sehr füllig klingen lässt.
Dieses Lied ist ein Kanon: Eine zweite und eine dritte Stimme können jeweils im 3. und 5. Takt einsetzen.
Wenn man möchte, kann man es aber sogar sechsstimmig spielen, und mit jedem Takt eine neue Stimme einsetzen lassen!
13. Viva la Musica
Nun geht es um Campanella-Fingersätze in der 5. Lage. Beachte die Fingersatz-Ziffern an den Noten, um für jeden Finger der linken Hand die richtige Position zu finden. Dieser “Griff” ist die Grundlage für dieses Arrangement, muß jedoch am Ende aufgelöst werden, um den Ton d’ spielen zu können. Versuche trotzdem, die Finger jeweils so lang wie möglich auf den Saiten zu lassen, ohne dabei Nachbarsaiten zu berühren.
Auch dieses Stück ist ein Kanon!
14. Jetzt fängt das schöne Frühjahr an
Auch in diesem Stück ist wieder ein Campanella-Fingersatz die Grundlage für die Takte 4 und 5. Beachte wieder die Ziffern an den Noten!
Achtung: Dieses Stück hat einen Wechseltakt!
15. Auf einem Baum ein Kuckuck
Auch hier haben wir Taktwechsel im Stück.
Hier wird derselbe “Campanella-Griff” verwendet wie im vorherigen Stück. Für Takt 3 muß jedoch ein Griffwechsel stattfinden: Der Ton F soll abwechselnd auf 2 Saiten gespielt werden, um ihn voller klingen zu lassen. Dieser Griffwechsel funktioniert wie folgt:
Man rutscht mit dem 3. Finger auf der 3. Site vom 5. in den 4. Bund, und setzt dann den 4. Finger dahinter im 5. Bund auf. Nun ist es kein Problem, den 4. Finger liegenzulassen und mit dem 1. Finger den 1. Bund auf der 2. Saite zu greifen.
Um am Ende des 4. Taktes wieder in die “Campanella-Griffposition” zu kommen, kann man mit dem 1. Finger auf der 2. Saite stumm hochrutschen, bis man mit dem 2. Finger bequem den 5. Bund auf der 4. Saite greifen kann. Dies erleichtert das “Zielen” ungemein.
Dieses Stück haben wir nun einmal als Arpeggien-Solo und einmal als Campanella-Solo gespielt. Beides klingt unterschiedlich, aber “gut”. Wenn man den Vortrag eines solchen Stückes interessant machen will, kann man es z.B. abwechselnd mit verschiedenen Techniken spielen.
16. Die güldene Sonne
Hier habe ich die Fingersatz-Ziffern weggelassen. Wer die vorhergehenden Stücke geübt hat, wird sicher leicht herausfinden, welcher Fingersatz für dieses Stück sinnvoll ist! Wenn Du die Noten ausgedruckt hast, kannst Du nun selbst die Fingersatz-Ziffern neben die Noten schreiben.
17. Valse Israélienne
Der zugrundeliegende Griff für die ersten 3 Takte ist (trotz der Harmonisierung mit Dm) ein B-Akkord mit 3 Fingern:
- 1. Finger im 1. Bund auf der 2. Saite
- 2. Finger im 2. Bund auf der 3. Saite
- 3. Finger im 3. Bund auf der 4. Saite
Diesen greifen wir schon ganz am Anfang und heben jeweils nur wenn nötig einzelne Finger ab. Den 2. Finger lassen wir von Takt 1 bis 4 durchgehend auf der 3. Saite liegen. Auch nicht angezupfte Saiten schwingen immer ein wenig mit, und wenn wir sie an einer passenden Position greifen, klingt dies einfach harmonischer! Aus demselben Grund setzen wir im Takt 8 den Zeigefinger wieder im 1. Bund auf die E-Saite auf, obwohl hier kein Ton angezupft wird. Würde an dieser Stelle das e’ nachklingen, wäre dies störend.
Solche “stummen” Griffe sind eine jener Techniken, die den Gesamtklang des Ukulelenspiels hörbar verbessern können — leider lassen sie sich jedoch kaum in Tabulatur oder Notation festhalten. Hier ist die Erfahrung des Spielers gefragt, dies zu erkennen.
Der Umgriff in Takt 10 ist eine gewisse Herausforderung. Hierfür gleiten wir “stumm” mit dem 2. Finger auf der C-Saite weit genug hoch, um mit dem 1. Finger den 7. Bund auf der 4. Saite greifen zu können.
18. What shall we do with the drunken sailor
Hier wird die Arpeggio-Technik mit der Campanella-Technik kombiniert, um ein besonders volles Klangbild zu erzielen.